14 Feb Susans erstes Date
BONUSARTIKEL: Ariel an einem Scheideweg
Es war immer noch kühl um 6.30 Uhr am Morgen, als wir, zusammen mit Susan, barfuss an Costa Ricas Strand Manuel Antonio entlang schlenderten. Wir waren mitten in einem unser Costa Rica Selbstentdeckungs-Abenteuer, die wir jeden Winter abhalten. Menschen kommen aus der ganzen Welt hierher, um mit uns dabei zu sein und nutzen es, als eine Zeit, um aus der normalen Routine des Lebens eines Jeden weg zu kommen und zu entspannen. Es ist die Möglichkeit, in einer freundlichen, tropisch üppigen Umgebung, auf die Mechaniken deines Lebens zu schauen, ohne zu be- oder verurteilen was du siehst; eine Zeit um zu spielen, in der sich dein Leben entfalten kann.
An jenem bestimmten Morgen sprach Susan mit uns über ihre Beziehungen oder um genauer zu sein, über ihren Mangel daran. Wir kennen Susan seit Jahren und sie ist so eine hübsche Frau. Vielleicht kennt ihr sie, oder jemanden, der genauso ist wie sie… Sie ist bei der Arbeit jemand, der wirklich etwas bewegt, in ihrem Umfeld sehr respektiert, jemand, der von den Leuten bewundert wird. Sie ist Anfang vierzig, hübsch, schlank, eine angenehme Erscheinung, bescheiden, und ein absoluter Baseballfan. Kurz gesagt, sie ist ein Traummädchen für die meisten Männer.
Und doch, über die Jahre, die wir sie nun kennen, hatte Susan nie viel Glück mit ihren Beziehungen. Üblicherweise verliebt sie sich bis über die Ohren in einen Kerl und irgendwann, nach ein paar Monaten oder gewöhnlich einem Jahr oder zwei, ist die Beziehung beendet. Schritt für Schritt hatte Susan aufgehört anderen Leuten zu erzählen, wenn sie jemand wirklich mochte. Es wurde ihr peinlich zuzugeben, wenn „es mal wieder nicht geklappt hatte” und es wieder mit einem vorbei war.
Wir fragten Sie, was mit romantischen Verabredungen so läuft. Grimassen schneidend antwortete sie, „Ich mache gerade Pause. Ich sehe einfach nicht die Notwendigkeit. Ich hatte nie ein Problem damit, dass die Männer mich attraktiv finden – es dauert halt einfach nicht an. Irgendetwas muss mit mir nicht stimmen.”
Die Vorstellung, das mit ihr „etwas nicht stimmte” verwerfend, betrachteten wir ihre Herangehensweise an das „sich verabreden”. Wir ermutigten sie, sich einer transformativen, anthropologischen Herangehensweise zu bedienen – wie ein Wissenschaftler, der die Kultur eines Einzelnen beobachtet – sie selbst, urteilsfrei zu schauen, mit Bewusstheit. Wenn man das tut, ist der beste Startpunkt da, wo man gerade ist. Genau da wo du bist – in diesem Moment.
„Wie gehst du in diesem jetzigen Moment an die Dinge heran?” fragten wir sie. „Beginne damit, dem Augenblick Bewusstheit entgegen zu bringen, diesem Moment, nicht einem „irgendwann”.”
Als wir ihr Leben in diesem Moment betrachteten, wurde offensichtlich, dass in ihrem Versuch, ihr „Problem” in den Griff zu bekommen, die Dinge in Ordnung zu bringen und auf eine bessere Zukunft hinzuarbeiten, Susan so viel verpasste. Die Liebkosung der sanften Brise, die ihr Haar zerzauste, der Sand zwischen ihren Zehen, das stetige Rauschen der Brandung.
Während wir uns unterhielten, wurde offensichtlich, dass Susan fast nie einfach nur präsent war, dort wo sie sich befand. Gewöhnlich strebte sie nach vorwärts, einem erwünschten Resultat entgegen, von dem sie annahm, dass es sie glücklich machen würde, oder erfüllt oder besser – in der Zukunft. Es wurde in der Art und Weise ersichtlich, in der sie sich der Konversation annäherte. Für Susan war es eine Herausforderung, einfach nur schlicht mit uns zu spazieren zu gehen. Sie war so gut darin, zu denken und strategieren, dass sie die Sicht darauf verlor, wo sie sich befand. Sie verpasste die hübschen Muscheln, die Gischt auf der Brandung und die Art, wie ihre Muskeln sich bewegten, während sie ging. Entweder eilte sie voraus oder verlor sich in Gedanken und bewegte sich fast gar nicht.
Wir fragten sie, ob sie sich jemals mit mehr als einer Person im selben Zeitraum verabredet hätte. Sie wirkte aufgrund der Frage überrascht, als ob wir vorschlagen würden, sie sei „verlottert” oder nicht gesund. Also erklärte wir: „Hast du jemals einen Kerl am Dienstag zum Mittagessen getroffen und einen anderen am Freitag fürs Kino usw., so dass du sehen kannst, mit wem es wirklich für dich funktioniert, bevor du nach vorne springst in eine Beziehung? Schüchtern sagte sie „Nein”. Das war der Moment, in dem uns plötzlich klar wurde, dass Susan sich noch nie wirklich „verabredet” hatte. Stattdessen hatte sie automatisch geheiratet: Sobald sie mit jemandem ausging versuchte sie ihn zu „the One” = „der Richtige” zu machen. Irgendwo in ihrem Hinterkopf war er bereits ihr Partner – die perfekte Beziehung.
Wir ermutigten sie, sich in den nächsten Tagen in sich selbst hinein zu entspannen und in ihren Körper und zu vergessen, vorwärts zu eilen. Ihre Pläne, sich zu verabreden oder nicht zu verabreden, fallen zu lassen. Einfach nur da zu sein und Spaß zu haben.
Zwei Tage später, während des Kurses, meldete sich Susan zu Wort, ganz aufgeregt über ihre Boogie-Boarding-Erfahrung (eine Art Wellenreiten, Anm. des Übersetzers). Während sie sprach schauten wir umher, und Ralf strahlte. Ralf ist Schauspieler, homosexuell und verheiratet. Aufgrund ihrer Arbeitspläne mussten er und sein Ehegatte zu verschiedenen Kursen kommen, und so war er alleine hier. Er ist sehr gut im Wellenreiten und Susan hatte ihn gefragt, ob er es ihr beibringt. Hier kommt, was sie erzählte:
„Ich fragte Ralf, ob er mir Boogie Boarden beibringt, weil es aussah, als ob es großen Spaß macht und es war offensichtlich, dass er sehr gut darin ist. Während der Mittagszeit gingen wir zum Strand und wateten hinaus in das Wasser. Obwohl ich nervös war, sorgte er dafür, dass es OK war. Ich umarmte das Board, und das nächste woran ich mich erinnere war, dass die Welle kam. Während ich da stand wurde mir klar, das ist die richtige – die richtige, mit der ich endlich Boogie Boarding lernen konnte. Viel früher, als ich es erwartet hatte sagte Ralf „spring”, und ich tat es. Ich schaffte es den ganzen Weg, bis ans Ufer! Es war großartig!”
Ralf grinste, „Susan hat wirklich zugehört! Ihr Timing war perfekt und sie fing die Welle.”
Beide, Ralf und Susan waren so glücklich. Er fühlte sich schlau, zugehört und befähigt und sie genauso. An dem Punkt traf uns die Erkenntnis:. Das war Susans erstes Date. Es war das erste Mal, an dem sie jemals „ausgegangen” war mit einem Mann, ohne mit dem Gedankencomputer vorauszueilen zu einer möglichen Zukunft. Sie war einfach nur da und genoss den Moment.
Es wurde uns klar, dass wenn Susan diese Form des Engagements zu aktuellen Verabredungen bringen würde, wenn sie einfach nur da sein würde um Spaß zu haben und die Erfahrung zu machen, komplett und vollständig dabei und damit zu sein – nicht irgendwo ankommen zu müssen, als in diesem Moment, dann würde sich ihr Leben verwandeln. Alles, was es jetzt brauchte, war Bewusstheit. Gewöhnlicherweise plante sie für die Zukunft. Durch Bewusstheit kann Susan nun diese Gewohnheit einstellen und einfach nur da sein. Wer weiß, was nun für sie geschehen wird – Spaß zu haben ist eine ziemlich machtvolle Art, um irgendeine ernsthafte Beziehung zu beginnen.