Aber ich möchte doch Künstler sein

Aber ich möchte doch Künstler sein

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Ein Ausschnitt aus SEIN – Die Kraft des Augenblicks. – Geschichten mit erleuchtender Wirkung – zum Lachen, Weinen, Mitfühlen und einfach nur Mensch sein Von Ariel & Shya Kane, erzählt von Ariel

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In New York gaben wir einmal im Herbst einen unserer Business–Kurse, den wir „Transformation am Arbeitsplatz” nennen. Leute aus verschiedenen Bereichen waren dort, um herauszufinden, wie sie bei ihrer Arbeit leistungsfähiger, produktiver und zufriedener sein können.

An diesem besagten Wochenende war ein breites Spektrum von Berufen vertreten – Hausfrau, Rechtsanwalt, Unternehmer, Banker, Arzt, Sekretärin, Lehrer, Schauspieler, Professor usw. Im Verlauf des Wochenendes untersuchten wir, was es erfordert, um Wohlbefinden bei der Arbeit zu erleben, und wie man erfolgreich kommunizieren kann. Wir erfuhren auch von jedem Einzelnen die Gründe, weshalb er teilnahm und was er damit zu erreichen hoffte.

Als wir im Raum herumgingen, trafen wir auf Nancy, eine Firmeninhaberin, die mit ihrer ganze Belegschaft da war und hoffte, ein noch stärkeres Team aufzubauen. Charlotte, eine Zahnhygienikerin und außerdem Ernährungsberaterin, wollte dazu in der Lage sein, beide Berufe ins Gleichgewicht zu bringen und mehr Geld mit ihrem Ernährungsgeschäft zu verdienen. Als wir mit Charlotte sprachen, setzte sich Jonathan, ein sanft aussehender Mann von Mitte vierzig, auf seinem Stuhl gerader hin. Er war völlig in das Gespräch vertieft, und da wir seinen Fragenbogen gelesen hatten wussten wir, womit er sich herumschlug. Jonathan führte ein Doppelleben – zumindest seiner eigenen Meinung nach. Während des Tages war Jonatahn Softwareentwickler bei einem „Fortune 500″ Unternehmen, und bei Nacht war er Berufsmusiker. Für Jonathan existierten diese beiden Beschäftigungen nicht friedlich nebeneinander.

Als unser Gespräch mit Charlotte beendet war, fragte Shya, wer als Nächster sprechen wollte. Ohne einen Augenblick zu versäumen, sprang Jonathan auf und rief : „Ich!” Er grinste, und die Leute kicherten über seine Überschwänglichkeit.

„Ich heiße Jonathan und arbeite bei einer großen Bank, bei der ich eine Reihe von Computersystemen betreibe. Ich verdiene dort viel Geld, aber ich bin nicht glücklich. Ich bin nämlich auch Berufsmusiker. Ich spiele Klarinette, ich komponiere und gehöre zu einem Jazz–Ensemble. Ich spiele in Symphoniekonzerten und bei Unterhaltungsshows, und ich stelle fest, dass die Arbeit während des Tages mich erschöpft und sich nachteilig auf mein Spiel auswirkt.”

„Wieso?” fragte Shya.

„Nun, Shya, am Ende des Tages bin ich zu müde zum ÜBenn. Ich spiele auf meiner Klarinette, aber die meiste Zeit über ist es lustlos und ich mache Fehler. Ich weiß, dass ich besser spielen könnte, wenn ich nicht so erschöpft von der Arbeit bei meinem ?*$%^&#–Job wäre. Ich gehe mittlerweile zu Auftritten, und fühle mich nicht inspiriert. Ich denke daran, die Bank zu verlassen, aber ich habe an eine Familie zu denken, und die Stelle ist so gut bezahlt. Ich habe auch einen 401K–Vermögensplan, aber ich möchte ihn nicht zu Geld machen. Ich möchte der Künstler sein, der ich meines Wissens bin!”

Während er sprach, hatte Jonathan sich erregt, sein Gesicht war gerötet von Leidenschaft. Andere im Raum nickten, da die professionellen Schauspieler und Regisseure nachvollziehen konnten, wie tagtägliche Arbeit einer künstlerischen Betätigung im Wege steht. Auf ihren Gesichtern konnte man geschrieben sehen: Wenn ich einfach nur Theater spielen könnte, anstatt mir Jobs suchen zu müssen, dann wäre ich glücklich.

„Welche Qualität hat dein Spiel zurzeit?”, erkundigte sich Shya.

„Kraftlos, Shya”, sagte er betrübt, „kraftlos”.

„Nun, Albert Einstein hat einmal gesagt, dass man ein Problem nicht innerhalb des Systems lösen kann, das es geschaffen hat”, fuhr Shya fort. „Es klingt so, als ob deine möglichen Lösungen für dein Dilemma, weitermachen und kraftlos sein, oder deinen Job aufgeben und Vorteile einbüßen, beide darauf hinauslaufen, Probleme zu schaffen. Mit Transformation gibt es keine Nachteile.”

Es war klar, dass Jonathan alles gern hören wollte, was sein Problem ohne Nachteile lösen würde.

„Ich habe einen Vorschlag für ein Experiment”, sagte ich. „Dazu wird aber gehören, ein Risiko einzugehen. Bist du bereit dazu?”

„Oh ja!” erwiderte er. Es ließ sich deutlich an seinem Gesicht ablesen, dass er hoffte, wir würden ihm endlich die Erlaubnis geben, die er sich selbst nicht zugestanden hatte – nämlich seinen Job und die Verpflichtungen gegenüber seiner Familie hinzuschmeißen. Dann könnte er sich dafür entscheiden, ein Fulltime–Musiker zu sein. Seine Augen leuchteten in freudiger Erwartung. Shya und ich warfen uns einen kurzen Blick zu, und ich fuhr fort: „Folgendes schlagen wir vor: Vergiss in den nächsten beiden Wochen deine Klarinette. Pack sie weg.”

„Lass alle Gedanken los, ein Musiker zu sein”, sagte Shya.

Jonathans machte ein langes Gesicht, und er sah so aus, als wolle er sich zur Wehr setzen. Er war überzeugt davon, dass wir wie seine Eltern waren, die nicht wollten, dass er sich für seine innere Wahrheit entschied. Er dachte, wir wollten, ihn die vernünftige Geschichte von neun bis fünf machen lassen. Er öffnete den Mund, um zu protestieren, während ich den Gedanken zu Ende führte:

„… und sieh am Ende dieser zwei Wochen, wie dies dein spielerisches Können verbessert hat und wie sehr es deine Fähigkeiten als Musiker steigert.”

Ungläubig öffnete und schloss Jonathan mehrmals seinen Mund.

„Moment mal! Ariel, Shya, ihr schlagt mir vor, zwei Wochen lang nicht zu spielen als Methode, um mein musikalisches Können zu verbessern?”

„Jawohl!”, sagte ich.

„Aber wie soll mir das helfen? Ich denke, ich muss Disziplin haben und üben, um mich zu verbessern.”

Von hier an übernahm Shya wieder: „ Sieh mal, Jonathan, du hast gesagt, die Sache wäre kraftlos, stimmt’s?”

„Ja.”

„Und ich kann voraussetzen, dass du jahrelang Disziplin gehabt und dich an das Rezept gehalten hast, fleißig zu üben. Du bist aber weder bei der Arbeit noch mit deiner Klarinette glücklich oder zufrieden oder leistungsfähig?”

„Das ist wahr, Shya, so wahr!”

„Nun, was hast du dann zu verlieren? Bist du bereit, es einmal auszuprobieren?”

Jonathan nickte langsam. Er sah verwirrt aus und war sich nicht sicher, was dabei herauskommen würde, aber er war bereit dazu.

„Das ist prima, Jonathan”, sagte ich. „Wenn du heimkommst, dann packe deine Klarinette in ihren Kasten und räume deine Noten, deinen Notenständer und alles weg, was du mit Musizieren und Üben in Verbindung bringst. Tu in den nächsten beiden Wochen so, als würden deine Klarinette und deine Fähigkeiten als Musiker nicht existieren. Du magst vielleicht zuerst daran denken, aber wenn du feststellst, dass deine Gedanken dorthin wandern, dann lenke deine Aufmerksamkeit auf das zurück, was du gerade tust. Einverstanden?”

„Ganz bestimmt, das werde ich tun!” verkündete er mit derselben Art von Begeisterung, die er schon zu Anfang gezeigt hatte.

Das Seminar ging weiter und fand seinen natürlichen Abschluss. Wir sahen Jonathan bei den beiden wöchentlich stattfindenden Montagabend–Seminaren während der nächsten zwei Wochen, aber niemand erwähnte sein Experiment. Wir alle verhielten uns so, als würde seine Klarinette nicht existieren, und niemand wollte ihn an den Prozess erinnern. Zwei Wochen vergingen rasch, und am folgenden Montag nahm Jonathan wieder an dem Seminar teil, aber diesmal hatte er einen schwungvollen Gang und ein Funkeln in den Augen.

Bei der ersten Gelegenheit stand Jonathan auf und redete. Ich bemerkte, dass er größer wirkte und besser in sich geerdet aussah.

„Ich bin so aufgeregt”, verkündete er. „Vor zwei Wochen machten Ariel und Shya mir den seltsamsten, geschicktesten, befremdlichsten und inspiriertesten Vorschlag, den ich jemals in meinem Leben bekommen habe. Okay, hier ist der Hintergrund dazu: Ich arbeite bei einer Bank und bin auch Musiker. Ich habe schon als Kind Klarinette gespielt, aber seit ein paar Jahren, vor allem in den letzten sechs Monaten, hatte ich keine Freude mehr daran. Ich kam zu dem Business–Kurs der Kanes in der Hoffnung, einen Weg zu finden, um wieder etwas Lebendigkeit in mein Spiel zu bringen, da ich das Gefühl habe, als hätte ich in letzter Zeit alles nur noch mechanisch gemacht.

Ich war schockiert, als sie mir vorschlugen, die Klarinette mit meinen sämtlichen Noten zwei Wochen lang wegzuräumen und so tun, als würde sie nicht existieren. Ich meine, ich bin schließlich ein Profi! Welche Art von Berufsmusiker lässt zwei Wochen die Dinge schleifen und erwartet dann, gut spielen zu können?”

Dabei grinste er, die anderen Leute lächelten und ich konnte wahrnehmen, dass er die Sache zu einem Crescendo aufbaute. Nun wandte er seine funkelnden Augen in unsere Richtung: „Ariel, Shya, gestern habe ich meine Noten, den Notenständer und die Klarinette aus dem Wandschrank herausgeholt. Es war zwei Wochen und ein Tag her! Alles war so vertraut an und doch so neu. Ich war aufgeregt, ein Lied auszuwählen und das Blattmundstück erproben zu können, und ich stellte fest, dass ich diese Art von Inspiration seit langer, langer Zeit nicht mehr gespürt hatte. Ich machte meine Aufwärmungsübungen und meine Finger flogen. Die Musik strömte aus meinen Fingerspitzen hervor, und der Klang war so rein. Ich spielte für einen Stunde ohne Unterbrechung und es schien so, als wäre nur ein Augenblick vergangen. Ich kann nur sagen: Wow! Und danke euch beiden.”

„Wie war die Arbeit in den letzten zwei Wochen?”, fragte Shya.

„Es ist etwas peinlich, wie gut ich meine Sache gemacht habe. Vermutlich habe ich immer einen Teil von mir bei der Bank zurückgehalten. Ich weiß, dass es irrational klingt, aber es schien so, dass ich, wenn ich dort Erfolg hätte, in einem Job von neun bis fünf kleben bleiben würde und meine kreative Energie verlieren könnte. Ich habe mich immer zurückgehalten in der Hoffnung, Künstler zu sein.”

„Bist du denn Künstler, und hat dir deine Arbeit in diesen letzten zwei Wochen davon etwas weggenommen?”

“Ja, ja, ich bin Künstler und nein, die Arbeit bei der Bank hat nichts davon weggenommen. In der Tat habe ich in der letzten Woche die Dinge weitaus schneller erledigt, als ich das jemals für möglich gehalten hätte. Ich entwickelte neue Lösungen für einige alte Programmierungsprobleme, die wir nun schon seit einer Weile hatten. Selbst mein Chef bemerkte den Unterschied. Er blieb gestern an meinem Arbeitsplatzcomputer stehen und bedankte sich für eine neue Software, die ich schrieb. Das war vorher nie passiert.”

„Siehst du, Jonathan,” sagte Shya, „wenn du deinen vollen Selbstausdruck in einem Bereich zurückhältst, dann wirst du nach und nach in allen Lebensbereichen deines Lebens matter, jene Bereiche eingeschlossen oder sie vielleicht sogar besonders, die du zu schützen versuchst. Das Leben ist wie ein mächtiger Fluss, und es erfordert Energie, die Strömung anzuhalten. Wenn du dein Leben mit Exzellenz in deinem „Tagesjob” angehst, verwandelt es dies in eine großartige Erfahrung, und dann wird es zu einem kreativen Akt. Wenn du dein Leben ohne Einschränkung angehst, wirst du ein Künstler, wo auch immer du gehst und was auch immer du tust.”
Seit 1987 haben die international gefeierten Autoren, Seminarleiter und Business Consultants Ariel & Shya Kane Menschen dabei begleitet und unterstützt aus dem Sumpf der Gedanken in die Klarheit und Brillanz des Augenblicks zu gelangen. Um mehr über die Kanes und ihre Transformative Gemeinschaft zu erfahren, oder um dich für ihren Email-Newsletter anzumelden, besuche ihre Website unter: www.unmittelbare-transformation.de Ihre preisgekrönten Bücher gibt es auch auf deutsch: „ Lebe im Augenblick: Verwandeln statt Verändern- Die Erfahrung der Unmittelbaren Transformation” , „Das Geheimnis wundervoller Beziehungen- Durch unmittelbare Transformation”, „SEIN – Geschichten mit erleuchtender Wirkung zum Lachen, Weinen, Mitfühlen und einfach nur Mensch sein” sind im Windpferd Verlag erschienen und im Buchhandel oder bei amzon.de erhältlich. Ihr neustes Buch, „Partnerschaften wie im 7. Himmel – Eine neue Sichtweise mit wundervollen Auswirkungen auf Dating, Beziehungen, und Ehe” ist im August 2013 erschienen.

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